Musik, Mode, Reisen, Sport: Andreas Focke wusste die schönen Dinge des Lebens immer zu genießen. Bis ein einschneidendes Erlebnis ihm klarmachte, dass all diese Annehmlichkeiten nicht selbstverständlich sind. 2015 kracht es buchstäblich im Leben des gut vernetzten Vertriebsleiters: Bei einem Fußballspiel in Paris, bei dem auch er anwesend ist, sprengen sich drei Selbstmordattentäter in die Luft. Der islamistische Anschlag erschüttert die westliche Welt – und den Krefelder, in dem nun der Entschluss reift, sich politisch zu engagieren.
Es ist Freitag, der 13. November 2015: Im Stade de France tragen die Fußballnationalmannschaften Frankreichs und Deutschlands ein Freundschaftsspiel aus. 80.000 Zuschauer sind live dabei, darunter auch der Krefelder Andreas Focke, der selten ein Auswärtsspiel der Deutschen verpasst. Um 21:17 Uhr, etwa 15 Minuten nach Spielbeginn, kommt es vor dem Eingang zu einer Detonation, der wenig später, um 21:21 Uhr und um 21:36 Uhr, zwei weitere folgen. Um eine Panik zu vermeiden, wird auf den Abbruch des Spiels verzichtet, erst nach dem Schlusspfiff erfolgt die Evakuierung.
„Es war wie im Krieg“, erinnert sich der 59-jährige Finanzexperte nachdenklich, als wir uns an diesem Donnerstag im Biergarten vor dem Stadtwaldhaus treffen. „Überall Polizisten mit Maschinengewehren, Rauchschwaden, rennende Menschen – die Situation wirkte sehr bedrohlich.“ Die Erfahrung ist nicht nur ein schockierendes Erlebnis, sie wird zum Wendepunkt im Leben des Kaufmanns, der gern unter Menschen ist und das Leben genießt. Ein Gefühl der Unsicherheit verfolgt ihn ab diesem Moment in Clubs, Kneipen und Fußballstadien: Das Schicksal könnte überall zuschlagen und das Leben zerstören. Dieses Gefühl mündet schließlich in dem Entschluss, sich nicht mehr darauf zu verlassen, dass die Politik für uns die richtigen Entscheidungen trifft, sondern selbst dazu beizutragen. 2019 findet Focke in der CDU Krefeld eine politische Heimat und wird innerhalb weniger Jahre zum Mitglied des Kreisvorstands und Vorsitzenden der kommunalpolitischen Vereinigung gewählt. Die KPV ist für die politische und kommunalrechtliche Ausbildung der ehrenamtlichen Politiker der CDU verantwortlich, pro Jahr organisiert und moderiert er 30 bis 40 Schulungen. „Wenn ich etwas mache, dann richtig!“, sagt Focke über sich.
Sein Wertesystem beschreibt er als „politisch konservativ, privat liberal“. Ordnung und Sicherheit sind ihm genauso wichtig wie der Respekt untereinander: „Ohne Respekt kann eine Gesellschaft im Umgang miteinander auf Dauer nicht funktionieren!“ Dieser zeigt sich seiner Meinung nach schon in kleinen Dingen, wie dem Bitte und Danke und dem freundlichen Wort an der Supermarktkasse, aber auch an unserem Umgang mit öffentlichem und fremdem Eigentum. Erst gestern sei er bei einer Kosmetikerin auf der Rheinstraße gewesen und habe sich über herumliegenden Müll und Urin im Hauseingang geärgert. „Der KOD macht einen guten Job, doch er ist mit den vielfältigen Problemen manchmal überfordert.“ Um Lösungen zu finden, engagiert sich Focke mittlerweile in fünf Arbeitsgruppen der CDU, unter anderem „Ordnung / Sicherheit“.
Ganz überraschend ist dieser klare, vom Gemeinschaftssinn geprägte Wertekosmos nicht: 1965 kam Focke als Sohn einer Schneiderin und eines Betriebsschlossers zur Welt. „Ich bin ein Arbeiterkind und habe zunächst die Hauptschule besucht“, blickt der Bockumer selbstbewusst auf seine Wurzeln zurück. „Danach folgten die Höhere Handelsschule, eine Ausbildung zum Bürokaufmann und die Bundeswehrzeit.“ Ein BWL-Studium habe er nach zwei Semestern wieder abgebrochen, weil er sich selbstständig machte und es ihn beruflich nach Berlin und Dresden verschlug. Es folgt eine erfolgreiche Laufbahn als Versicherungsfachmann und Geschäftsbereichsleiter für Bausparen und Baufinanzierung. Seine Liebe zur Kultur und Musik machte ihn zwischenzeitlich sogar zum Besitzer der Diggler-Bar, im Förderverein der Kulturrampe engagiert er sich bis heute.
Seine kommunikative Ader und die Freude, unter Menschen zu sein, haben zu Fockes Erfolg ganz sicher beigetragen – und prädestinieren ihn dazu, Menschen zusammenzubringen: „Über 5.000 Kontakte habe ich in meinem Telefon gespeichert, und mit vielen Gastronomen Krefelds bin ich befreundet.“ Wer Krefelds Kneipen, Geschäfte oder Kulturstätten besucht, wird ihm dort garantiert früher oder später über den Weg laufen. „Ich freue mich auf das Folklorefest am kommenden Wochenende“, lacht er zur Bestätigung. „Ich finde, man sollte sein Geld in der Region ausgeben, wenn man die Menschen hier unterstützen will.“ Aus diesem Grund hat er über Facebook auch die Seite „Krefelder unterstützen Krefelder“ ins Leben gerufen.
Was wir wirklich an Krefeld haben, wüssten viele der Kritiker der Stadt nicht ausreichend zu würdigen: „Eine Reise nach Kolumbien oder Indien würde manchem helfen, die eigene Anspruchshaltung einmal zu überdenken“, erklärt er mit einem Zwinkern. Was natürlich nicht heißen soll, dass man sich mit klaren Missständen einfach abzufinden habe. Focke wünscht sich, dass sich mehr Menschen ehrenamtlich engagieren, beispielsweise in der Politik oder in einem Verein.
Eins hat er an jenem Abend vor neun Jahren gelernt: Das, was man hat, kann sich in einem winzigen Sekundenbruchteil in Rauch auflösen. Und oft erkennt man erst danach, was es eigentlich wert war.
Andreas Focke will sich 2025 für den Stadtrat aufstellen lassen und ist für Fragen oder Interesse bezüglich der CDU für die Bürger der Stadt Krefeld erreichbar: andreas-focke.com.
Fotos: Niklas Breuker